Kroatien Mit dem Schlauchboot zum Silbersee
Das Leben ist ein langer ruhiger Fluss - oder etwa doch nicht? Der Mrežnica jedenfalls hat hinter jeder Flussbiegung eine neue Überraschung zu bieten. Als wir in unseren Schlauchbooten den ersten Wasserfall hinunterrauschen, gehen Plastiksandalen, Digitalkameras und Hobbymatrosen sofort über Bord. Auch hinter der nächsten Kurve fällt der Fluss wieder tosend in die Tiefe. Eine Klippe, acht Meter hoch, zu viel, um im Boot zu bleiben. Wir steigen aus, kippen unseren Gummikahn den Abgrund hinunter und springen einfach hinterher. Pures Abenteuer - und die schönste Art Kroatiens Hinterland mit erfrischtem Geist zu entdecken.
Als sich der Mrežnica wieder beruhigt hat, reicht unser Guide Mario auf seinem Paddel kleine Plastikgläser mit Brandy herum und erzählt von den Bären, Wildschweinen und Wölfen, die in dem dichten Wald am Ufer leben. In der unberührten Natur in der Gegend um Karlovac fühlt man sich schon nach wenigen Stunden auf dem Fluss weit abseits der Zivilisation. Das Wasser ist so klar, dass man bis auf den Grund blicken kann, am Flussrand wächst frische Minze und in der Uferböschung quaken zufrieden die Frösche. Während die Touristenströme jeden Sommer an die kroatische Künste pilgern, ist die Lika-Karlovac-Region noch weitgehend unentdeckt.
Eine Höhle so groß wie eine Kirche - und zum Heiraten schön
Am nächsten Tag geht es noch weiter zurück in die Vergangenheit dieses dünn besiedelten Landstriches. Über eine Blumenwiese voller Thymian und Holunderbüsche laufen wir bis zu einem Loch, das in den Berg hineinführt: der Eingang der Millionen Jahre alten in Perušić. Eine schmale Treppe windet sich hinab in die 240 Meter lange Höhle. Die prächtigen Stalaktiten, die hier unten von der Decke wachsen, wirken wie die Orgelpfeifen einer unterirdischen Kirche - und erinnern daran, wie unbedeutend kurz die eigene Existenz ist. "Ein Stalaktit wächst in 100 Jahren zehn Zentimeter", erklärt Guide Janek, als wir mit Taschenlampe durch einen schmalen Geheimgang kraxeln und auf einer Art Balkon oberhalb einer Grotte mit meterlangen Tropfsteinen herauskommen. Janek kennt dieses Labyrinth wie seine Westentasche, hat in seinen Winkeln sogar schon klassische Konzerte organisiert. "Und eines Tages will ich hier drin mal heiraten", sagt er.

Früher Filmset, später Kriegsschauplatz, heute Touristenattraktion
Immer wieder wird man daran erinnert, wie zerrüttet die Verhältnisse hier während des Krieges in den 1990er-Jahren waren. In der kleinen Ortschaft Otočac, wo wir die nächste Nacht verbringen, sind die Wände vieler Häuser noch immer mit Einschusslöchern übersäht. Und selbst vor dem , dem letzten Ziel unserer Reise, machte der Krieg nicht Halt: Die Gefechte zwischen Serben und Kroaten an seinem Ufer im Frühling 1991 läuteten den Kroatien-Krieg ein.
Heute steht die Pracht der Plitvicer Seen wieder ganz im Vordergrund. Über Kaskaden ergießen sich 16 Seen in eine dicht bewaldete Landschaft und locken jedes Jahr 900.000 Besucher in den Park. Nach Dubrovnik ist dieses Naturphänomen die größte Touristenattraktion des Landes - für deutsche Touristen auch deshalb, weil 1962 am Kaluđerovac-See der Winnetou-Streifen "Der Schatz im Silbersee" gedreht wurde. Noch immer sind die Postkarten von Winnetou und Old Shatterhand der Verkaufsschlager an den Kiosken. Und, tatsächlich, wenn man auf den Stegen über die Seen spaziert, fühlt man sich wie auf einem perfekt inszenierten Filmset: Wasserfälle strömen die Felswände hinunter, es duftet nach Moos und in dem hellgrünen Wasser tummeln sich Schwärme farbenfroher Fische. Ein Ort voller Schönheit und Frieden, der uns endgültig davon überzeugt, dass Kroatien mehr ist als bloß Strandurlaub.